Türkei - Camping "Akkaya 2"

Am nächsten Morgen brechen wir früh auf. Bei der griechischen Grenzabfertigung steige ich mit Sylvia aus, um unsere Pässe vorzuzeigen. Die junge Dame im Schalter sieht recht streng aus. Sie schaut sich unsere Pässe ganz genau an. Von mir möchte sie außerdem noch den Personalausweis sehen. Sylvia möchte sehen, was hinter dem Schalter vor sich geht und ich muss sie hoch heben. Da muss auch die Grenzbeamtin lächeln.

Weiter geht es zur türkischen Grenzabfertigung. Hier geht es schon chaotischer zu. LKW, PKW und Reisebusse stehen kreuz und quer herum und mit knapper Not finde ich einen Parkplatz. Während Sonja mit den Kindern im Wohnmobil bleibt, mache ich mich auf den Weg, um die Formalitäten zu erledigen. Erst mal zur Polizei. Hier muss ich mich beim Schalter mit der Aufschrift "Gibis" in eine längere Schlage stellen, denn vor mir wartet die Besatzung eines Reisebusses. Eine junge Dame vor mir frägt auf englisch eine der wartenden, ob denn ihr "husband" auch zur Kontrolle müsse. Da sie ein zustimmendes Nicken zur Antwort erhält, holt sie auch ihren Begleiter.

Endlich haben ich den Stempel im Pass und als nächste Station wartet nebenan der Zoll. Dort wird das Fahrzeug in den Pass eingetragen - für 6,- Euro, für die ich noch eine Menge Papiere erhalte, mit denen ich zum Inspektor gehe. Der stempelt wieder ab und nimmt mir einen Teil der teuer erworbenen Papiere wieder ab. Endlich können wir zum Grenzübergang rollen. Vor mir wird die Junge Dame, die ihren "Husband" geholt hat, mit ihrem Cabrio wieder zurück gewiesen. Sie hat offensichtlich den Inspektor übergangen. Bei uns genügt dem Grenzbeamten ein kurzer Blick auf das Papier, das mir der Inspektor noch übrig gelassen hat (und das wir wieder für die Ausreise benötigen) und schon werden wir weiter gewunken. Jetzt kommt der schwierigere Teil. Die rechte Fahrspur über die schmale Brücke ist von LKW zugeparkt und aus der Gegenrichtung kommen ständig Fahrzeuge. Ein Türke erreicht tatsächlich, dass der entgegenkommende Verkehr angehalten wird und wir an den LKW vorbeiziehen können. Ich schaue auf den Tacho: Fast 5 km staut sich der Gegenverkehr aus Richtung Türkei.

Nach dem Ende des Staus geht es zügig weiter Richtung Kesan. Die Landschaft ändert sich gegenüber Griechenland kaum. Am Straßenrand liegt genau so wie in Griechenland Müll - vielleicht nicht ganz so viel. Wir erreichen Kesan und fahren an den Stadtrandsiedlungen mit einförmigen Wohnblocks vorbei. Die Fahrt geht weiter Richtung Süden und wir erreichen wieder die Küste. Auf der rechten Seite entdecke ich einen Strand, der vom Müll übersäht ist. Beim zweitenmal Hinsehen, sehe ich Leute im Sand liegen, kaum zu erkennen zwischen all dem Müll. Das sind ja schöne Aussichten.

Über Gelibolu kommen wir nach Eceabat. Am Hafen stelle ich mich in die Warteschlange zur Fähre und nutze die Gelegenheit, um in der Bank auf der gegenüberliegenden Straßenseite Geld zu wechseln. Der Schalterraum, der eher wie ein Großraumbüro aussieht, wirkt sehr gediegen. Der Schalterbeamte erkundigt sich nach unseren Urlaubsplänen und ist ganz beeindruckt, als ich ihm erzähle, dass wir mit dem Wohnmobil von Deutschland hierher gekommen sind, um die Türkei kennen zu lernen. Er bietet mir Cay an, ein starker, schwarzer, türkischer Tee, der in kleinen Gläsern serviert wird. Nach der freundlichen Unterhaltung kehre ich zum Wohnmobil zurück und Sonja macht sich auf den Weg, um die Fährtickets zu besorgen. Für 8 Euro können wir von Europa nach Asien reisen.

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In unserer Karte sind südlich von Canakkale Campingplätze eingezeichnet und in unserem Reiseführer von Dumont lesen wir, dass man in Canakkale zum Baden nach Güzelyal fährt. Also biegen wir rechts ab und fahren durch den Ort. Auf der rechten Seite, hinter den Häusern sehen wir den schmalen Kiesstrand, der aber nicht sehr einladend aussieht. Wir kommen an einem kleinen Campingplatz links der Straße vorbei. Der Besitzer winkt uns, dass wir kommen sollten - aber wir haben keine große Lust, hier zu bleiben. Zurück auf der E87 fahren wir weiter nach Süden. Wir lassen Troja rechts liegen. Heute haben wir keinen Bedarf mehr an Antike. Sonja findet im ADAC-Campngführer den Campingplatz Akkaya 2 bei Tavakli.

Die Beschreibung klingt ganz interessant, so dass wir bei Ezine abbiegen und dem Wegweiser nach Bozcaade folgen. In Odunluk kommen wir wieder an die Küste. Am Hafen, wo die Fähren nach Bozcaade ablegen, gibt es auch einen schönen breiten Kiesstrand, an dem man wahrscheinlich auch ganz gut stehen könnte. Uns ist aber eher nach einem Campingplatz zumute, unbedingt mit einem Restaurant, in dem wir ausgiebig zu abend essen können. Im rötlichen Licht der Abendsonne fahren wir an der Küste entlang, vorbei an den Ruinen von Alexandria.

Am Ende der Ortschaft Tavakli finden wir auch den Campingplatz. An der Einfahrt stehen Oliven- und Feigenbäume. Wir werden gleich herzlich begrüßt. Ein Freund der Familie übernimmt das Dolmetschen. Er spricht englisch und hilft uns, die nötigen Fragen zu klären. Er erzählt uns, dass er aus Istanbul kommt und jetzt in Rente ist und sich hier in Tavakli ein Haus gekauft hat. Bevor er sich verabschiedet, übergibt er die Dolmetscherrolle an Sule, die älteste Tochter des Campingplatzbetriebers. Wir sind die einzigen Campinggäste und können uns direkt an den Strand stellen.

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Das Abendessen unter den Feigenbäumen schmeckt hervorragend. Sükrü, Familienoberhaupt, Campingplatzleiter und Chefkoch in einer Person grillt hervorragende Hackfleischbällchen und Lammkotelets. Natürlich probieren wir auch den türkischen Wein. Die Flasche sieht aus, als ob sie schon jahrzehntelang im Keller gelegen ist. Der Wein schmeckt für unseren Geschmack zu süß, ist aber gut gekühlt und ganz süffig.

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Wir unterhalten uns mit Sule, die bedient und erfahren, dass sie das Gymnasium in Ezine besucht und einmal Englischlehrerin werden möchte. Schließlich sitzt die ganze Familie bei uns am Tisch und wir unterhalten uns bis spät in die Nacht.

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Am nächsten Morgen frühstücken wir das erstemal in diesem Urlaub im Freien, denn an den vergangenen Tagen hatten wir entweder keine Zeit um die Campingmöbel heraus zu räumen oder das Wetter war nicht danach.

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Endlich komme ich auch dazu, das Schloss an der Wohnraumtüre zu reparieren. Wenn man die Türe schließt, ist sie auch zugesperrt. Das Risiko, dass wir uns auf diese Weise aussperren, ist mir zu groß. Ich schraube die Abdeckung ab und stelle fest, dass der Mitnehmer für den Öffnungshebel falsch eingerastet ist. Irgendeiner der Mieter hat hier herumgebastelt. Ich muss nur den Hebel in die richtige Stellung bringen, die Abdeckung anschrauben und das Schloss ist wieder in Ordnung.

Anschließend unternehmen wir einen Strandspaziergang, um die nähere Umgebung zu erkunden. Weiter oben am Strand führt eine Treppe den Abhang hinauf zu einer Ferienhaussiedlung. Es sieht aber alles sehr verlassen und verschlossen aus.

Zurück beim Wohnmobil finden wir frische Feigen auf dem Tisch, die uns Nurdan, die Hauherrin gebracht hat und die natürlich hervorragend schmecken. Den Rest des Tages verbringen wir mit Baden.

Am Abend gibt es wieder ein köstliches Abendessen, speziell für uns zubereitet. Wir nutzen die Gelegenheit und lassen uns von Sule in türkischer Sprache unterrichten. Zumindest die wichtigsten Begriffe und Redewendungen lernen wir (im Epilog habe ich sie aufgeführt).

Als wir ankündigen, dass wir morgen wieder weiter fahren wollen, haben wir den Eindruck, dass die ganze Familie richtig traurig darüber ist. Wir müssen uns natürlich noch in das Gästebuch eintragen, in dem schon einige sehr herzliche Kommentare stehen.

Uns fällt auf, dass Dusty, der kleine Hund, nicht da ist. Wir fragen Sule und die Suche beginnt. Aber alles Rufen hilft nichts, Dusty bleibt verschwunden.

Sule erzählt uns noch, dass ihre Familie den Campingplatz im Herbst verlässt, und nach Cannakale zieht. Der Grund dafür ist, dass die Besitzer beschlossen haben, den Campingplatz und das Hotel nur noch im Sommer zu öffnen.

Auch beim Walking am Morgen ist nichts von Dusty zu sehen. Die Stimmung unter der Familie sinkt immer mehr und alle haben nur noch den Gedanken "wo ist Dusty?"

Nachdem Sonja vom Walking zurückgekommen ist und wir gerade das Frühstück vorbereiten wollen, kommt Sule und lädt uns zu einem türkischen Frühstück ein.

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Die ganze Familie ist versammelt und es wird reichlich aufgetischt. Es gibt allerlei türkische Spezialitäten, wie eingelegte Oliven, eine scharfe Paprikasoße, Tomaten, Rührei, Marmelade, Honig, Petersilie, Wassermelone und noch vieles mehr. Dazu reichlich Tee und frisches Obst. Das Frühstück zieht sich lange hin, und wir beschließen, noch einen Tag länger zu bleiben.

Am Nachmittag kommt Gizen, die jüngere der beiden Töchter der Familie Sükrü mit zum Baden. Die Töchter sind offensichtlich sehr gut behütet. Sie dürfen nicht alleine zum Baden, obwohl der Strand vor der Haustüre liegt. Sule darf auch nicht alleine zum Walking, so dass sie sich riesig gefreut hat, dass Sonja mitgekommen ist.

Als wir vom Baden zurückkommen, bemerken wir gleich den Stimmungsumschwung: Dusty ist wieder da!

Verwandte der Familie sind gekommen, die uns zum Volleyballspielen einladen. Nachdem wir vorher Sule und ihrer Schwester das Wohnmoibil gezeigt haben, werden wir nun gebeten, es auch den Verwandten zu zeigen.

Nach dem Abendessen werden wir in die Geheimnisse des Okeyspielens eingeweiht. Sylvia hat als erste die Spielregeln durchschaut.

Nach dem Frühstück am nächsten Morgen kommt Sule zu uns und erzählt, dass 2 Frauen zum Campingplatz gekommen seien, von denen man Handarbeiten kaufen könne. Die Frauen, Mutter und Tochter, machten einen asiatischen Eindruck. Später erfahren wir, dass Teppichknüpfer aus dem Kaukasus in der Türkei eine lange Tradition hätten.

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Sie haben sehr schöne, handgeknüpfte Taschen und Teppiche in verschiedenen Größen dabei. Sule und Gizen erhielten Taschen mit eingesticktem Namen, die auf Bestellung angefertigt worden sind. Wahrscheinlich sind die Teppichhändlerinnen nicht ganz zufällig da, aber es ist interessant, ihre Erzählungen zu hören, die Sule für uns übersetzt. Und es ist auch für uns Laien erkennbar, dass die Teppiche von hervorragender handwerklicher Qualität sind.

Nachdem sich die Frauen verabschiedet haben und wir den Campingplatz bezahlen wollen, bittet uns Sükrü in die "türkische Ecke" seines Restauants.

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Die ganze Familie ist wieder versammelt und bei türkischem Kaffee, Pfefferminzlikör und türkischer Musik ist die Abrechnung Nebensache.

Der Campingplatz war schon ein Erlebnis, beeindruckend die Herzlichkeit und die aufrichtige Gastfreundschaft der Familie Isik. Wir wurden geradezu verwöhnt, konnten nach Herzenslust baden und die Kinder hatten viel Platz zum Rollerfahren und Herumtoben. Wir lernten hier das Leben in der Türkei von seiner angenehmsten Seite kennen und wären gerne noch länger geblieben.

Aber wir wollen noch mehr sehen von der Türkei. Wir wollen weiterfahren in den Süden bevor wir vor der Bequemlichkeit kapitulieren und uns mit geruhsamen Tagen zufrieden geben.

Also nehmen wir schweren Herzens Abschied von Sükrü, Nurdan, Sule, Gizen und Kivanc Isik, um an der Westküste entlang Richtung Assos weiter zu fahren.


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